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haltspunkte für die Rettung, die so schrecklich wenig bekannt sind. Ein Verhängnis
aber ist die Psychologie, wie eine solche Katastrophe entstehen kann als Zeitsym-
ptom & als Symptom der gesamten Gefährdungsbekämpfung.
Dass im Ammonnitrat- & im Ammonsulfatgemisch Energien stecken, weiss
doch jedermann, zumal Ammonnitrat ja in grossen Mengen als Sprengstoff
verwendet wurde & bereits 1918 ging in München ein Kohlenstaub-Ammonnitrat-
gemisch in die Luft. Es ist also fast unverständlich, dass marmorartig zusammen-
gesintertes & durch Unkristallisation mit gleichzeitiger Bohrung) festgewordenes
Material mit Sprengbohrung & Sprengen mit Explosivstoffen [zerklemert war
und]—zur Explosion gebracht werden kann.— Wenn entsprechende Temp-Druck-
zustände e dazu kommen, dann ist es klar. (Man muss solche Versuche eben nicht
mit kleinen Klötzen machen, oder dann sondern in einer Bombe, in welcher die
Höhenstdrücke auf die Masse wirken.
Das ist aber alles nicht so wichtig, sondern wichtig ist, dass wie Sie gewiss aus
den Reichstagsverhandlungen entnommen haben, die Akkordarbeit auch auf sol-
che Dinge ausgedehnt werden, wie das Aufarbeiten solcher
Lagerbestände.[4]
Es
wurde also einem Arbeiter überlassen, die Methode zur Mobilisierung dieser hart
gewordenen Masse anzuwenden, die ihm nach den Akkordgesichtspunkten ratio-
nell schien & er sah eben diese weisse Masse, die steinhart war, als Stein an &
sprengte sie wie Stein. Genau so wie in Olten eine Zementsteinfabrik, die Kalk &
Sand zusammen mischte & presste, nachher erwärmten Pech & Kohlenstaub zu-
sammen mischte, in der Voraussetzung, sie mache nun in Schwarz, was vorher in
Weiss; dabei entstand eine furchtbare Staubexplosion mit etwa 40 Verletzten & vie-
len
Getöteten.[5]
Der Mangel an durchgreifender Uebersicht rächt sich in wirt-
schaftlicher Beziehung viel schneller als in Bezug auf Unglücksfälle so beachtet
man das nicht, doch bricht das Unglück herein, dann ist es furchtbar—aber man
denkt über solche Gefahr[en] nicht so offen, wie über wirtschaftliche Gefahren.
Dass ich selbst bis jetzt die Folgen von 47 Explosionen gesehen habe ist sicher
kein Zufall, sondern [zeigt] eine Häufung von Gefahren, die ich allerdings mit per-
sönlichem Interesse verfolge.
TLC (SzZ, Nachlass H. Zangger, box 323). [87 602]. Incomplete. Corrections and interlineations are
in Zangger’s hand.
[1]This letter is dated on the assumption that it was written after Doc. 252.
[2]On the explosion at Oppau, see Doc. 252, note 1.
[3]Einstein and Zangger, acquainted since 1905 (Vol. 5, “Biographies,” pp. 642–643), had long cor-
responded on a wide range of topics including science; see, e.g., Einstein to Heinrich Zangger, 20
November [1911], (Vol. 5, Doc. 308).
[4]On 28 September, an investigative committee that would collaborate with a similar commission
of the Bavarian parliament was constituted by a majority vote of the German Reichstag (see Verhand-
lungen des Reichstages, Vol. 351 [1921], p. 4616). In 1922, the commission heard testimony from the
workers’ council of the factory to the effect that many workers had been employed on a “per piece”
contract and as a result neglected safety regulations. An interim report in September 1922 rejected
this allegation (ibid., Vol. 380, p. 7679). The committee issued its final report in December 1923, after
holding thirteen meetings in Ludwigshafen and in Berlin. It concluded that, despite detailed scientific
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