D O C U M E N T 2 9 8 N O V E M B E R 1 9 2 1 3 4 7
298. From Hendrik A. Lorentz
Haarlem, 13 November 1921.
Lieber Herr Kollege,
In den letzten Tagen habe ich weiter nachgedacht über Ihr Experiment mit den
leuchtenden Kanalstrahlteilchen (Krümmung? des
Lichtbündels)[1]
und über die
Überlegungen, die Sie dazu geführt haben. Bei diesen Überlegungen stosse ich nun
noch auf eine Schwierigkeit, während Ihr Grundgedanke selbst mir sehr gut gefällt.
Gestatten Sie mir, Ihnen das kurz auseinanderzusetzen.
Grundgedanke.[2]
Bei der Lichtemission wird zweierlei ausgestrahlt. Es giebt
nämlich:
1. Eine Interferenzstrahlung, die nach den gewöhnlichen Gesetzen der Optik
stattfindet, aber noch keine Energie überträgt. Man kann sich z. B. denken, dass
diese Strahlung in den gewöhnlichen elektromagnetischen Schwingungen, aber
mit verschwindend kleinen Amplituden besteht. Infolgedessen kann man sie selbst
nicht beobachten; sie soll nur den Weg für die Energiestrahlung vorbereiten. Sie ist
gleichsam ein totes Muster, dass erst durch die Energiestrahlung zum Leben
gebracht wird.
2. Die Energiestrahlung. Diese besteht in unteilbaren Quanten von der Grösse
. Ihr Weg ist durch den (verschwindend kleinen) Energiefluss bei der Interfe-
renzstrahlung gegeben und sie können dabei nie an eine Stelle gelangen, wo dieser
Fluss Null ist (dunkle Interferenzstreifen).
Bei einem einzelnen Strahlungsakt entsteht schon die volle Interferenzstrahlung
aber es wird nur ein einzelnes Quantum ausgestrahlt, das also auch nur an eine
Stelle eines auffallenden Schirmes gelangen kann. Es wiederholt sich aber der
Elementarakt unzählig viele Male, mit so gut wie gleicher Interferenzstrahlung
(das gleiche Muster). Die verschiedenen Quanten verteilen sich nun statistisch über
das Muster, in dem Sinne, dass die mittlere Anzahl desselben in jedem Punkte des
Schirmes proportional der Intensität der daselbst ankommenden Interferenzstrah-
lung ist. In dieser Weise entsteht die beobachtete, der klassischen Theorie entspre-
chende
Interferenzerscheinung.[3]
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Mein Bedenken gegen Ihre Überlegung ist nun Folgendes:
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