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Ferner interessiert Sie selbstverständlich, dass die „Nature“ vom 6. Februar in
einem Aufsatz über die am 29. Mai eintretende Sonnenfinsternis
schreibt:[5]
„Ab-
gesehen von der langen Totalitätsdauer ist diese Verfinsterung auch bemerkenswert
wegen der grossen Sternzahl in der Nähe der Sonne. Der Astronomer Royal hat in
den monatlichen Mitteilungen für März 1917 ein Diagramm ihrer Anordnung mit-
geteilt und die Aufmerksamkeit auf die überaus günstige Gelegenheit gelenkt, die
sich zur Prüfung der Einsteinschen Relativitätstheorie darbietet, der zufolge ein
Strahl, der von einem Stern tangential zur Sonne verläuft, 1, 74″ abgelenkt werden
würde.[6]
Professor Eddington hat ferner die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass,
da ein Lichtstrahl Energie mit sich führt, wir auch abgesehen von Einsteins Theorie
dieselbe Verschiebung zu erwarten haben, die durch die Sonnenanziehung auf ein
Teilchen ausgeübt werden würde, das dicht an ihrer Oberfläche mit Lichtgeschwin-
digkeit
vorbeigeht;[7]
man kann leicht zeigen, dass diese Verschiebung genau die
Hälfte der Einsteinschen sein
würde.[8]
Es gibt also drei Möglichkeiten: Keine Ver-
schiebung, die halbe Verschiebung oder die ganze Einsteinsche Verschiebung. Die
endgültige Feststellung einer dieser Dreien als Wahrheit würde eine wertvolle Be-
reicherung unserer physikalischen Kenntnis sein. Sollte die Entscheidung zu Gun-
sten der Einsteinschen Verschiebung fallen, so würde das, zusammen mit dem
Erfolg in der Erklärung der Perihelbewegung des Merkur, die Annahme der Ein-
steinschen Theorie als des wahren Systems des Universums rechtfertigen. Auch
seine endgültige Widerlegung würde von Wert sein, da es die Verschwendung von
weiterer Energie auf ihre weitere Ausarbeitung verhindern würde, obgleich sie
auch weiterhin unsere Bewunderung als scharfsinniges System idealer Geometrie
verdienen
würde.“[9]
Der Bericht geht noch etwas weiter, ich werde ihn Ihnen gern hier übersetzen,
wenn Sie herkommen, und Ihnen dann auch einen längeren Artikel zeigen, den das-
selbe Heft der „Nature“ veröffentlicht unter Zugrundelegung des beschimpfenden
Artikels von
Nutting.[10]
Es ist wirklich keine ungetrübte Freude, jetzt englische
und amerikanische Zeitschriften lesen zu müssen. Ich freue mich gewiss aufrichtig
und von Herzen über jede Anerkennung, die Sie finden, aber meine Freude darüber
ist doch durch diesen zweiten Aufsatz wieder sehr herabgemindert worden.
Mit bestem Gruss Ihr Ihnen sehr ergebener
A. Berliner
TLS. [7 002]. Addressee’s name is typed above salutation: “Herrn Professor Dr. A. Einstein, Berlin.”
Written on letterhead of the journal Die Naturwissenschaften. A two-page typed partial translation of
a review of Eddington 1918a is enclosed.
[1]Berliner (1862–1942) was editor of Die Naturwissenschaften.
[2]Philipp Lenard (1864–1947), director of the Physical Institute at the University of Heidelberg,
and Johannes Stark (1874–1957), Professor of Physics at the University of Greifswald, were outspo-
ken German nationalists. In Lenard 1914, an inflammatory pamphlet, Lenard combined a critique of
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