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133. From Max Planck
Gmund am Tegernsee Grundnerhof 5. 9. 20.
Lieber Kollege!
Aus Südtirol, wo mich keine Nachrichten erreichten, nach Deutschland zurück-
gekehrt finde ich die Mitteilungen von der kaum glaublichen Schweinerei, die in-
zwischen in der Berliner Philharmonie passiert ist, und von dem allen, was damit
zusammenhängt.[1]
Einstweilen fehlt mir das Verständnis für die Möglichkeit der-
artiger Gemeinheiten bei wissenschaftlich gebildeten Leuten. Aber sehr viel wich-
tiger als dieses Problem ist mir die Frage, welcher Eindruck derartige Machen-
schaften auf Sie selber zu machen geeignet sind, und es quält mich der Gedanke an
die Möglichkeit, daß Sie am Ende doch einmal die Geduld verlieren und Sich zu
einem Schritt entschließen könnten, der die deutsche Wissenschaft und Ihre Freun-
de für das schwer bestrafen würde, was eine erbärmliche Gesinnung an Ihnen
gesündigten.[2]
An einer ausreichenden Genugtuung Seitens der berufenen Vertre-
ter der Wissenschaft darf und soll es Ihnen nicht
fehlen.[3]
In Nauheim hoffe ich
von Ihnen Beruhigung über meine schwere Sorge zu erhalten. Bis dahin herzlich
grüßend Ihr treu ergebener
M. Planck.
ALS. [19 289].
[1]See Doc. 111 and Vol. 7, the editorial note, “Einstein’s Encounters with German Anti-Relativists,”
pp. 101–113.
[2]On the possibility that Einstein might leave Germany, see Doc. 131, note 5.
[3]On the effort to issue a statement of support for Einstein at the Nauheim meeting of the Gesell-
schaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, see Doc. 131, note 4.
134. To Arnold Sommerfeld
[Berlin, ] 6. IX. 20
Lieber Sommerfeld!
Ich hatte in der That jenem Unternehmen gegen mich zu viel Bedeutung zuge-
schrieben, indem ich glaubte, dass ein grosser Teil unserer Physiker dabei beteiligt
sei. So dachte ich wirklich zwei Tage lang an „Fahnenflucht“, wie Sie das
nennen.[1]
Bald aber kam die Besinnung und die Erkenntnis, dass es falsch wäre,
den Kreis meiner bewährten Freunde zu verlassen. Den Artikel hätte ich vielleicht
nicht schreiben
sollen.[2]
Aber ich wollte verhindern, dass mein dauerndes Schwei-
gen zu den Einwänden und Beschuldigungen, welche systematisch wiederholt
werden, als Zustimmung gedeutet werden. Schlimm ist, dass jede Aeusserung von