454 DOC. 318 CRISIS OF THEORETICAL PHYSICS (1) [1] Über die gegenwärtige Krise der theoretischen Physik. von Albert Einstein. [2] Es ist Ziel der theoretischen Physik, ein auf möglichst wenigen von einander unabhängigen Hypothesen ruhendes logisches Gedanken- system zu schaffen, das den ganzen Komplex der physikalischen Prozesse kausal zu erfassen gestattet. Auf die Frage nach der Art der Entstehung und des Wachstums dieses wissenschaftlichen Systems hätte man in der Zeit vor Maxwell etwa folgende Antwort geben können. Auf unbezweifelbare Tatsachen der menschlichen Anschauung bezw. des menschlichen Denkens gründet man zuerst die unverrückbare Basis aller exakten Wissenschaft, nämlich die Geometrie und die Analysis. Dies thaten bereits die Griechen, sodass den Späteren ausser dem Entwickeln der Infinitesimahechnung nichts prinzipiell Neues zu thun übrig blieb. Dann kam die Aufstellung der eigentlich physikalischen Grundgesetz, d. h. der Grundgesetze der Mechanik, durch Galilei, Newton und deren Zeitgenossen. Bis gegen das Ende des 19. Jahrhunderts waren die Physiker davon überzeugt, dass jene Grund- gesetze der Mechanik die Basis aller theoretischer Physik überhaupt sein müsse, d. h. dass jede physikalische Theorie im letzten Grunde auf Mechanik zu gründen sei. Es schien also die Basis der Physik endgültig aufgestellt zu sein und die Arbeit der theoretischen Physiker darin zu bestehen, durch Spezialisierung und Differenzierung der Theorie diese der stets wachsenden Fülle der erforschten Erscheinungen anzupassen. An die Möglichkeit, das Fundament der Physik ändern zu müssen, dachte man nicht. Da wurde es infolge der Forschungen Faraday's und Maxwell's allmählich offenbar, dass die Grundlage der Mechanik den elektromagnetischen Erscheinungen gegenüber versage. Diese Wandlung vollzog sich in mehreren Etappen. Zunächst erkannten die beiden genannten Bahn-