9 8 D O C U M E N T 2 9 O P T I C A L E X P E R I M E N T Zweifellos neigen jetzt die Physiker der Ansicht zu, dass die Quantentheorie tie- fere Züge der physikalischen Wirklichkeit erfasst als die Undulationstheorie und dass in allen Fragen, welche beiden Theorien zugänglich sind, die Quantentheorie sich als überlegen erweist. Da aber die Undulationstheorie auf dem Gebiete der ei- gentlichen Optik imstande ist, die Phänomene mit ausserordentlicher Exaktheit dar- zustellen, ohne in einem einzigen Falle zu versagen, so herrscht heute immer noch der Glaube, dass es einst gelingen werde Quantentheorie und Undulationstheorie zu einem Ganzen zu verschmelzen, ohne letzterer die exakte Gültigkeit abzusprechen. Wir betrachten nun den Vorgang der Lichtemission durch ein einzelnes Gas-Mo- lekül vom Standpunkt beider Theorien. Nach der Undulationstheorie erzeugt ein relativ zum Molekül schwingendes Elektron ein System elektromagnetischer Ku- gelwellen. Diese Kugelwellen sind konzentrisch, wenn das emittierende Molekül als Ganzes die Geschwindigkeit Null besitzt, exzentrisch, wenn das emittierende Molekül eine Geschwindigkeit relativ zum Koordinatensystem besitzt. Die Farbe der emittierten Strahlung ist dann keine einheitliche sondern eine kontinuierliche Funktion der Emissions Richtung (Dopplers Prinzip) gemäss der Formel .… (1) falls v die Frequenz der emittierten Strahlung, q die Geschwindigkeit des Moleküls, ϑ den Winkel zwischen dieser und der ins Auge gefassten Emissionsrichtung bedeutet.[5] Das Teilchen sendet nach verschiedenen Richtungen kohärente Strah- lung verschiedener Farbe. Der gegenseitige Abstand von Flächen gleicher Phase bezw. die Wellenlänge λ ist räumlich variabel. Man könnte es also dem Wellenfeld, ja sogar einem endlichen Teil desselben, ansehen, ob es von einem ruhenden oder von einem bewegten Molekül herstammt—wenn man das Wellenfeld wahrnehmen könnte. Diese ortliche Variabilität von λ nimmt zwar bei freier Ausbreitung der Wellen mit der Entfernung vom Molekül ab, kann aber auf grosse Distanzen unver- mindert aufrecht erhalten werden, wenn man die Wellen eine Linse passieren lässt, in deren Brennebene sich das Teilchen bewegt. Die Wellenflächen gleicher Phase hinter der Linse sind dann fächerartig schwach gegen einander geneigte Ebenen. Die Variabilität von λ in der Richtung quer zur Fortpflanzungsrichtung ist desto grösser, je grösser die Geschwindigkeit des Moleküls und je kleiner die Brennweite der Linse ist. In diesem Falle haftet also der Strahlung auch in grosser Entfernung vom emittierenden Molekül ein prinzipiell der Beobachtung zugängliches Merk- mal an, welches für den Bewegungszustand des emittierenden Teilchens charakte- ristisch ist. Besitzt die von einem bewegten Teilchen emittierte Strahlung diese Ei- genschaft in Wirklichkeit? Man könnte denken, dass dies durch die Starksche Be- obachtung des Doppler-Effektes des von bewegten Kanalstrahl-Teilchen [p. 2] v v0 1 q c --cosϑ - + = [p. 3]