D O C U M E N T 2 3 0 J U N E 1 9 2 2 3 5 1 und anderer, noch näher zu erörternder Bestrebungen (aber völlig unpolitisch!!) müßte ein in Wesentlichen aus Deutschen bestehendes Komitee gebildet werden, um die Russen zu beraten und sie auch hier in Deutschland zu legitimieren. Ich habe mich bereit erklärt, diesem noch ungeborenen Komitee beizutreten. Ich würde es nun für eine außerordentliche Förderung der Sache halten, wenn auch Sie an ihr ein Interesse nehmen wollten. Es kommt dabei keinesfalls eine erhebliche Bela- stung mit Arbeit im Betracht. Das Wesentliche ist ein warmes Herz für die große Not der russischen Kollegen. Es ist gedacht, die hiesige Organisation in einen en- gen Zusammenhang mit den „Haus der Gelehrten“ in Petersburg zu bringen,[3] von wo aus auch in erster Linie die Mittel stammen werden. Soweit ich es bisher über- sehe, wird nicht damit gerechnet, daß hier viel gegeben wird. Ich bin überzeugt, daß es sich hier um ein Unternehmen handelt, das in jeder Be- ziehung der Förderung wert ist, und ich glaube, daß Sie sich den größten Dank er- werben würden, wenn Sie sich der Sache auch ein wenig annehmen möchten. Vielleicht darf ich Sie am Mittwoch kurz vor dem Kolloquium[4] noch einmal dar- über sprechen. Ich werde um 5 Uhr im Institut sein. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gern eine Zeit mit Ihnen besprechen, wo ich Sie einmal mit einem der russi- schen Herren aufsuchen darf. Ich lege Ihnen eine ganz interessante Schrift über das heutige russische Bil- dungswesen bei, in der Sie auch einiges über das „Haus der Gelehrten“ finden. Mit der Bitte um eine freundliche Empfehlung an Ihre sehr verehrte Frau Ge- mahlin bin ich ergebenst grüßend Ihr Wilhelm Westphal TLS. [23 419]. [1]Westphal (1882–1978) was Extraordinary Professor of Physics at the University of Berlin and chief liaison with the Soviet Union at the Prussian Ministry of Culture. [2]The Russian writer Maxim Gorky (1868–1936), who since October 1921 was living in exile in Berlin, participated in various international efforts to provide aid for war-torn and famine-stricken Soviet Russia (Yedlin 1999, pp. 147–149). [3]The Petrograd House of Scholars (Dom uchenykh), opened on 31 January 1920, was organized by the Petrograd branch of the Central Commission for the Improvement of Conditions of Scientists (Tsentralnaia komissiia po uluchsheniiu byta uchenykh, TseKUBU). The Petrograd KUBU branch (PetroKUBU), chaired by Maxim Gorky, was organized to ameliorate the dire living conditions faced by Russian scientists and scholars in the years immediately following the Russian Revolution. Located at Dvortsovaia naberezhnaia, No. 26, in the former residence of Grand Duke Vladimir Alexandrovich, the House of Scholars provided food, fuel, and clothes rations, as well as medical assistance and, most importantly, offices and colloquium space for its 1,800 members. Between 1920 and 1922, a large number of scientific and cultural luminaries visited and presented their work at the House, including the English writer Herbert G. Wells, who described the House in his 1920 collection of articles (Wells 1920). Sometime in 1922, PetroKUBU was liquidated and the Petrograd House of Scholars was transferred into the control of the Educational Workers’ Union (Profsoiuz rabotnikov prosvescheniia), at which point the academic and cultural work at the House subsided (Nozdrachev and Petritskii 1995, pp. 922–924).