5 4 6 D O C . 3 7 9 T R A V E L D I A R Y N O V E M B E R 1 9 2 2 Dienstmädchen und einem Diener vier Studenten. Wie friedlich und anspruchslos müssen diese Leute sein! Nachmittags sahen wir Bauernhaus und andere ganz ein- fache Japanerhäuschen, alles blitzblank und freundlich. Viele gut gehaltene lustige Kinderchen, abgehärtet gegen die Kälte. Besuch beim Vorsitzenden der Akademie. Ein Sohn desselben entpuppt sich als Studenten des Züricher Polytechnikums und Schüler von H. F. Weber.[72] Verstimmung wegen Empfang bei Tucisava[73] Abends grosser Empfang im deutsch-ostasiatischen Verein.[74] Gespräch mit vielen Deutschen und Japanern nach dem Essen. Karussel im Kopf, aber viel gelernt und entusiastische Freundlichkeit erfahren. Japanische Gelehrte viel Sympathie für Deutschland. Japaner haben mit Hilfe deutscher Ingenieure selbständige optische Werkstätten errichtet.[75] 23. Von 9 bis 11 Uhr Akten der von der Gesandtschaft verfolgten Frau des An- gestellten Schulz studiert. Armes Weib, das einer Skandalverhüllung zum Opfer gebracht worden soll.[76] 11–10½ 12–1 Uhr possierliches Gespräch mit japani- schen Journalisten über japanische Eindrücke.[77] Sitzen im Kreise Frag- und Ant- wortspiel. Dann gemeinsames lukullisches Essen von 2–4 japanisches Konzert in der Musikschule klagendes Flötenunisono mit viel Figürchen ohne eigentliche Melodie.[78] Harfe mit wenig Saiten und mandolinenähnliches Instrument mit lita- nei-ähnlichem Gesang. Auch ein Naturlaute nachahmendes Stück für Zupfinstru- mente war darunter, graziös, melodisch arm, Von eigentlicher Gliederung und Harmonik keine Spur. Abends Essen bei Fujisava mit Nagaoka und ein paar anderen (auch einer von deutscher Botschaft darunter). Zierliche Töchterchen des Hausherrn. Gemütliche Gesellschaft mit harmlosem Gespräch. Vorher Besuche bei Bärwald und Prof. Nagai (Chemiker).[79] 24. Vormittags Spaziergang zu Fuss mit Inagaki. Essen im Japanischen Wirts- haus.[80] Bodensitzen schwierig. Gebratene Hummern schade um die Geschöpfe. Niedlicher Betrieb. Feine, stille Manieren des Publikums. Nachmittags Besuch in künstlerischem jap Privathaus (Nezu).[81] Wundervolle altjapanische Bilder von feinster Rytmik und Farbe. Schönes Zeugnis für japanische Psyche. Chinesisch- Buddistischer Einfluss Volksseele nicht entsprechend mutet barock an gegen die originalen Erzeugnisse eigener Kunst des Landes Von 5½–7 und 8–10 zweiter all- gemeiner Vortrag mit Ishihara. Ungeheures Interesse des Publikums.[82] 24–1. XII Wissenschaftl. Vorträge über Relativität in d. Universität. 25. Vormittags Besuch von verrückter Amerikanerin, welche andere Verrückte heilen zu können glaubt. 2 Uhr Besuch des physikalischen Instituts. Dann meine erste wissenschaftliche Vorlesung.[83] 3½ Uhr Begrüssung der Studenten in der Au- la. Tiefer Eindruck ich sprach über Wissenschaft als internationales Gut.[84] 6–8 Japanisches Theater. Wieder Chor mit Saiten- und Schlag-Instrumenten. Ballet-ar- tige Behandlung von bekannten Kindermärchen. Hoch interessantes GeBerden- [p. 19] [p. 19v] [p. 20]