DOC. 149 REVIEW WINTERNITZ 241 21 1924 DEUTSCHE LITERATURZEITUNG 1. Heft 22 mit seinem Gegenstand, schafft cine syste- matische Darstellung desselben und vergleicht die Ergebnisse der eigenen Analyse erst dann mit den Thesen anderer, wenn er durch selb- ständige Arbeit seinen Standpunkt geschaffen und durchgeführt hat. Der Autor des vorliegenden Buches gehört in diesem Sinne zu den selb- ständigen, gestaltungsfähigen und verfügt dabei über eine gründliche Kenntnis des Gegenstandes vom physikalischen und philo- sophischen Gesichtspunkte. In seiner philo- [2] sophischen Einstellung Schlick und Reichen- bach verwandt, ist er - soweit meine Kennt-Gegenstand [3] nis reicht - der einzige, der Kant völlig gerecht geworden ist, ohne ihm gegenüber seine Selbständigkeit zu verlieren. Folgende Sätze, die ich wohl aus dem Zusammenhang herauspflücken darf, geben eine Vorstellung vom Standpunkt des Verf.s gegenüber Kant einerseits, den Empiristen andererseits : [4] »Denn Natur ist, wie man allen Empi- risten, für die Kant nicht gelebt hat, zum Trotz immer, wieder betonen muß, nicht irgend etwas, was die Erfahrung' gibt, son- dern ein System, das das Denken aus den an sich bedeutungs- und beziehungslosen Einzel- tatsachen der Erfahrung nach seinen Prin- zipien konstruiert. « »Die Merkmale der Aus- dehnung, der räumlichen Anordnung und Be- wegung, wie wir sie genau so wie die Farben- qualitäten in der Gesichtswahrnehmung fin- den, sind von diesen gewiß in keiner Weise ausgezeichnet aber indem wir aus mathe- matischen Größenbegriffen, die nicht dieser Anschauungswelt entlehnt sind, besonders den Variabeln, die die raumzeitliche Ordnung dar- stellen, einen Gesetzeszusammenhang konstruieren, von dem das uns unmittelbar Gegebene (im Machschen Sinne) gesetzmäßig abhängt, kommen wir erst zu einer nicht bloß registrierenden, beschreibenden und klassi- fizierenden Wissenschaft von der Natur.« »‘A priori' bedeutet . . ., daß man die Prin- zipien an ihrer Unentbehrlichkeit im Prinzip der Erkenntnis erkennen müsse . . Es folgt die Behauptung, daß wir mindestens ein solches Prinzip angeben können, nämlich das [5] »Kausalgesetz«. Winternitz behauptet also mit Kant, daß Wissenschaft sei eine gedankliche Konstruk- tion auf Grund von Prinzipien a priori. Daß das Gebäude unserer Wissenschaft auf Prin- zipien ruht und ruhen muß, die nicht selbst aus der Erfahrung stammen, das wird wohl ohne Zweifel anerkannt werden. Bei mir fängtmutlich der Zweifel erst an, wenn nach der Dignität jener Prinzipien gefragt wird, bezw. nach ihrer Unersetzlichkeit, Sind jene Prinzipien wenigstens zum Teil so beschaffen, daß Wissen- schaft mit ihrer Abänderung unverträglich ist, oder sind sie insgesamt bloße Konventio- nen wie das Ordnungsprinzip der Wörter in einem Lexikon ? W. neigt zu der ersteren Auffassung, ich zu der letzteren. Sehr treffend erscheint mir W.s Kritik an Kants Ideen über Raum und Bewegung. Durch eine rühmenswerte Pragnanz des Ausdrucks ist es dem Verl, gelungen, den auf 230 Seiten nach allen Seiten hin zu beleuchten, wie folgendes Inhaltsver- zeichnis beweist: I. Einleitendes über Auf- gaben, Methoden und Grenzen der Natur- erkenntnis. II. Der Sinn der Relativität von Raum und Zeit. III. Der absolute Raum in der Physik. IV. Der Grundgedanke von Ein- steins spezieller Theorie. V. Die vierdimensio- nale Welt. VI. Zcitordnung und Kausalzu- sammenhang. VII. Geometrie und Erfahrung. VIII. Geometrie als physikalische Hypothese. IX. Allgemeine Relativität und Gravitation. X. Zeit, Raum und Kausalität in der allge- meinen Theorie. XI. Die Relativitätstheorie im Streite der Schulen. Berlin. Albert Einstein. Sprache - Eiteratur - Kultur Orientalilche Sprachen Ali Tabari, The Book of Religion and Empire. A semi-official defence and ex- position of Islam written by order at the Court and with the assistance of the Caliph Mutawakkil (A. D. 847-861). Arabic Text edited from an apparently unique MS. in the John Rylands Library, Manchester, by A. Mingana [Lektor f. Arabisch an d. Univ. Manchester]. Manchester, Longmans, Green Comp,. 1923 144 + 2 S. 8°. ‘Ali, Sohn Rabbans aus Tabaristän (Mä- zandaran), war Kätib, d.h. einflußreicher Sekretär im Dienste des Fürsten seines Landes Mazjär, der sich im Jahre 224 H. (838/9 n. Chr.) - nach anderen, weniger wahrschein- lichen Angaben ein Jahr später - gegen seinen unmittelbaren Oberherrn, den Tahi- riden ‘Abdallah, darauf aber auch geradezu gegen den Chalifen Mu'tasim empörte. Da- mals war ‘Ali noch Christ, wie denn die syri- sche Bezeichnung seines Vaters als rabban, »magister noster«, auf eine angesehene, ver- geistliche, Stelle in der 'christlichen 2* [6]
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