D O C . 4 6 6 T H E F L E T T N E R S H I P 7 2 7 466. “The Flettner Ship” [Buenos Aires, between 30 March and 13 April 1925][1] Das Flettner-Schiff.[2] Die Geschichte der wissenschaftlichen und technischen Erfindungen lehrt, dass die Menschen arm sind an selbständigen Gedanken und an schöpferischer Phanta- sie. Auch wenn die äusseren und wissenschaftlichen Voraussetzungen für das Ent- stehen einer Idee längst vorhanden sind, bedarf es meist eines äusseren Anlasses für deren Zustandekommen, der Mensch muss sozusagen mit der Nase auf die Sa- che stossen bevor der Gedanken kommt. Ein schönes Beispiel für diese banale und für uns wenig schmeichelhafte Wahrheit bildet das gegenwärtig alle Welt in Erstau- nen setzende Flettner-Schiff. Dasselbe hat auch noch den besonderen Reiz für sich, dass die Wirkungsweise der Flettner-Rotoren dem Laien meist ein Mysterium bleibt, trotzdem dabei nur rein mechanische Wirkungen zur Verwendung kommen, welche jeder Mensch gefühlsmässig zu beherrschen glaubt.— Die wissenschaftliche Basis für die Erfindung Flettners ist eigentlich schon etwa 200 Jahre alt. Sie existiert seitdem Euler[3] und Bernulli[4] die elementaren Gesetze für die Bewegung der reibungslosen Flüssigkeitsbewegungen aufgestellt haben. Dagegen besteht die praktische Möglichkeit für die Realisierung erst seit wenigen Jahrzehnten, nämlich seit man brauchbare kleinere Motoren besitzt. Auch dann kam die Erfinden nicht von selbst, sondern die zufällige Erfahrung musste mehr- mals eingreifen, ehe sie kam. Das Flettner-Schiff ist seiner Wirkungsweise nach dem Segelschiff nahe ver- wandt denn wie beim Segelschiff wird die Kraft des Windes allein als motorische Kraft für die Vorwärtsbewegung des Schiffes verwendet. Anstelle der Segel aber wirkt der Wind bei diesem Schiffe auf vertikale Blechzylinder, welche durch kleine Motoren in Umdrehung erhalten werden. Diese Motoren haben nur die kleine Rei- bung zu überwinden, welche die Zylinder an der umgebender Luft und in ihrer La- gerung finden. Die Triebkraft für das Schiff liefert, wie gesagt der Wind allein. Die rotierenden Zylinder sehen ähnlich aus wie Schornsteine von Dampfern, doch sind sie ein paarmal höher und dicker. Der Querschnitt, den sie dem Wind darbieten ist etwa zehn mal kleiner als derjenige einer gleich wirksamen Segelschiff-Takelage. „Aber wie in aller Welt kommt denn durch diese rotierenden Cylinder eine Triebkraft imstande?“ So fragt verzweifelt der Laie. Diese Frage will ich soweit zu beantworten suchen, als es ohne die Sprache der Mathematik möglich ist.
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