D O C U M E N T 2 1 7 F E B R U A R Y 1 9 2 4 3 3 7 217. To Rita von Gonzenbach[1] Berlin. 26. II. 24. Liebe Frau Gonzenbach! Ich habe über Ihren Brief und was damit zusammenhängt,[2] gewissenhaft nach- gedacht und komme zu dem merkwürdig scheinenden Ergebnis, dass ich mich an dieser so gut gemeinten Sache nicht beteiligen soll. Die Sachlage ist nämlich die. Deutschland war vor dem Kriege in einer wirtschaftlich fast privilegierten Stel- lung. die Folge davon war, dass ein verhältnismässig grosser Prozentsatz der Bevölkerung sich Berufen zuwenden konnte und auch zuwandte, welche nicht un- mittelbar Lebensnotwendiges erzeugten. Unter diese Kategorie fallen auch viele geistige Berufe, über deren Wert für die Kultur ich kein Wort zu verlieren brauche. Nun hat der ¢Ausga² Krieg selbst und insbesondere sein Ausgang die Daseinsbe- dingungen der Gesamtheit wesentlich verschlechtert und darüber hinaus sind dem Staate Lasten von unerschwinglichem Ausmass aufgebürdet worden. Diese Umstände bringen es mit sich, dass eine Umstellung der Berufe auf die dem unmittelbaren Bedürfnis dienenden stattfindet und noch weiter stattfinden muss. Dass die Not der geistigen Arbeiter zum Teil sehr schlimm ist, ist eine unbe- streitbare Thatsache.[3] Aber es kann diesem Elend durch Geldspenden nicht abge- holfen werden. Dazu kommt, dass ich Gelegenheit gehabt habe zu sehen, dass das Annehmen von Geldspenden keinen guten Einfluss auf die Menschen hat, ganz ab- gesehen davon, dass das Geld schwer an die richtigen Adressen zu bringen ist. Wirklich geholfen werden kann nur auf zwei Weisen, nämlich dadurch, dass man geistigen Arbeitern Arbeit im Ausland verschafft und dadurch, dass man dar- auf hinarbeitet, dass durch internationale Vereinbarungen die auf dem Lande la- stende Bürde erleichtert wird. Ferner ist zu erwägen, dass die Schweiz selbst arm und wirtschaftlich gefährdet ist. Wer weiss, ob die Gebenden nicht oft ärmer sind als diejenigen, an welche die Spenden thatsächlich gelangen. Aus all diesem Gründen kann ich mich an diesem Unternehmen, dessen edle Motive ich voll würdige, nicht beteiligen. In der Hoffnung, Sie bald wiederzusehen bin ich mit freundlichen Grüssen Ihr ergebener A. Einstein. ALS (Sz). [43 786]. The envelope is addressed “Frau Prof. R. von Gonzenbach. Zürichbergstrasse 4 Zürich 7 Schweiz” in Ilse Einstein’s hand and postmarked “Berlin W 30 26. 2. 24. 6–7[N][achmit- tags].” “Persönlich antworten” is added at the left margin in Ilse Einstein’s hand. The envelope has the letterhead “Hilfsaktion für die geistig Schaffenden in Deutschland.”
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