132 DOC. 75 NOBEL LECTURE 8 Damit sind die unmittelbaren Konsequenzen des Relativitätsprinzips erschöpft. Ich wende mich zu denjenigen Problemen, die sich an die skiz- zierte Entwicklung knüpfen. Bereits Newton erkannte, dass der Trägheits- satz in einer bis jetzt in dieser Darlegung nicht erwähnten Beziehung un- befriedigend sei. Sie gibt nämlich für die physikalische Sonderstellung der Bewegungszustände der Inertialsysteme gegenüber allen anderen Bewegs- zuständen keine Realursache an. Sie macht für das Gravitations-Verhalten eines materiellen Punktes die beobachtbaren materiellen Körper verantwort- lich, zeigt aber für das Trägheits verhalten des materiellen Punktes keine materielle Ursache auf, sondern fingiert hierfür die Ursache (absoluter Raum bezw. Trägheitsäther). Dies ist nicht logisch unzulässig, aber unbefriedigend. Aus diesem Grunde forderte E. Mach eine Abänderung des Trägheits- gesetzes in dem Sinne, dass die Trägheit als ein Beschleunigungs-Wider- stand der Körper gegen einander und nicht gegen den »Raum» aufgefasst werden solle. Diese Auffassung bedingt die Erwartung, dass beschleunigte Körper gleichsinnig beschleunigend auf andere Körper wirken (Beschleu- nigungs-Induktion). Die skizzierte Auffassung liegt gemäss der allgemeinen Relativität, welche die Scheidung zwischen Trägheits- und Gravitations-Wirkungen be- seitigt, noch näher. Sie kommt auf die Forderung hinaus, dass das ¿^,,,-Feld, abgesehen von der durch die freie Koordinaten wähl bedingten Willkür, durch die Materie vollkommen bestimmt sein solle. Zugunsten der Mach’schen Forderung wirkt in der allgemeinen Relativität noch der Umstand, dass die Beschleunigungs-Induktion gemäss den Feldgleichungen der Gravitation tatsächlich existiert, wenn auch in so geringer Stärke, dass ein direkter Nachweis durch mechanische Versuche ausgeschlossen ist. Man kann der Mach’schen Forderung in der allgemeinen Relativitäts- theorie dadurch gerecht werden, dass man die Welt in räumlicher Be- ziehung als endlich und in sich geschlossen betrachtet. Man erreicht durch diese Hypothese auch die Möglichkeit, die mittlere Dichte der Ma- terie in der Welt als endlich anzunehmen, während sie in einer räumlich- unendlichen (quasi- euklidischen) Welt verschwinden müsste. Es darf je- doch nicht verschwiegen werden, dass man für die angedeutete Erfüllung des Mach’schen Postulates ein auf keinerlei Erfahrung gegründetes Glied in die Feldgleichungen einführen muss, welches durch die übrigen Glieder der Gleichungen logisch in keiner Weise bedingt ist. Aus diesem Grunde kann die angedeutete Lösung des »kosmologischen Problems» einstweilen nicht völlig befriedigen.
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