720 DOC. 463 PAN-EUROPE -371- die trotz ihrer jahrhundertelangen politischen Fehden sich immer auf geistigem Gebiete gegenseitig befruchtet haben. So lässt sich noch ein neuer Punkt anführen, der einen gewissen Optimismus inbezug auf die Zukunft Europas gestattet. Es ist sehr wohl möglich, dass die Psychologie und die Mentalität eines „guten Europäers” Veranlassung zu einer neuen Politik geben könnte. So fragwürdig auch der Völkerbund bis heute durch seine Form und seine bis jetzt geleisteten Arbeiten geblieben ist, so stellt er doch den ersten Versuch dar, den man in der europäischen Geschichte macht, um die Idee einer europäischen Staatengemeinschaft in die Praxis umzusetzen. Aber noch hat der Völkerbund sich nicht von den alten Beziehungen der Macht und der europäischen Mächtegruppierungen frei gemacht. Er wird die Gefahr, die ein geteiltes Europa für die Welt einschliesst, nicht beschwören können, solange Deutschland und Russland sich [4] ihm nicht ebenfalls angeschlossen haben. Der Völkerbund hat noch immer keine Methode gefunden, um die Gesamtheit Europas, in seinen wesentlichsten Bestandteilen, zu vereinigen. Die Idee eines Völkerbundes fand kürzlich in der paneuropäischen Bewegung, die [5] von dem Grafen Coudenhove-Kalergi ausging, eine fruchtbare Ergän- zung. Die erwähnte Bewegung wurde von der Gemeinsamkeit der Interessen und der Mentalität des Kontinents inspiriert. Mir scheint fast, dass das Programm und die Methoden des jungen Gründers der Bewegung in Wirklichkeit zu kunstvoll und übermässig verein- facht sind. Das Ziel, das das Programm erstrebt, lässt oft, wenn das Programm von idealistischen Politikern aufgestellt wird,die praktischen und theoretischen Probleme als schon gelöst erscheinen. Eine Arbeit so voller Schwierigkeiren wie die einer Vereinigung Europas, lässt sich nicht auf eine Konstruktionsformel vereinfachen, es müssen vielmehr vorher alle die komplizierten Voraussetzungen geklärt und konsolidiert werden. Alles in allem genommen, schreitet die Idee aber vorwärts. Es bekennen sich nicht nur idealistische Denker dazu, sondern auch politische Persönlichkeiten, wie man zum Beispiel den verschiedenen [6] Reden des französischen Ministerpräsidenten entnehmen kann. Diese Idee muss die Zukunft Europas beherrschen und sie wird sie beherrschen und den Weg zur Vereinigung Pan-Europas vorbereiten, wenn der Kontinent sich nicht noch das eigene Grab schaufeln will. Es wird Ihnen als Amerikanern fremdartig erscheinen, dass ich immer von Europa spreche, während es sich doch um eine Angelegenheit handelt, die die gesamte Welt betrifft. Es ist leichter, die Hand über die Rechtsgrundlage dem entfernten Gefährten