D O C U M E N T S 3 0 4 , 3 0 5 N O V E M B E R 1 9 2 8 4 6 3 304. On Emanuel Lasker[1] [Berlin?, after 6 November 1928][2] Emanuel Lasker ist einer der stärksten Geister, denen ich auf meinem Lebens- wege begegnet bin. Renaissance-Mensch, mit einem unbändigen Freiheitsdrang begabt, jeder sozialen Bindung abhold. So wurde er Schachmeister, wohl weniger aus besonderer hingebender Liebe zum Spiel. Letztere galt vielmehr der Philoso- phie, dem Verstehen überhaupt. Er liebt als ächter Eigenbrödler und Eigenwilliger die Deduktion und steht der induktiven Forschung fremder gegenüber. Kein Wunder es liegt ihm nicht, im Objekt den Richter über die Kinder seines Geistes zu sehen, sondern die Schönheit des Gedankens geht ihm über jene Wahrheit, die ihren Anspruch aus der Beobachtung des Objektes ableitet. Der Amor dei intellek- tu-alis[3] ist sein einziger Gott, verkörpert in Mathematik und spekulativer Philoso- phie. Ich liebe seine Schriften unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt als die Früchte eines grossen originalen und freien Geistes.[4] A. Einstein. ADS. [28 060]. [1] Requested by Lasker’s wife in Abs. 740. Lasker (1868–1941) was a world chess master, mathematician, and philosopher. Einstein had made his acquaintance in the fall of 1918 (see Einstein to Pauline Einstein, 8 October 1918 [Vol. 8, Doc. 631]). [2] Dated by Abs. 740. [3] Latin for “intellectual love of God.” Spinoza 1905, Pars V, Propositio XXXIII, p. 174. For an earlier use of the phrase, see Doc. 171. Einstein mentioned that he was reading Spinoza’s letters in Doc. 264. [4] There is a copy of Lasker 1919 in Einstein’s personal library. 305. To K. Böhm [Berlin, after 6 November 1928][1] Sehr geehrter Herr! Ich bin bezüglich Ihrer Frage I nicht zu einer festen Überzeugung gelangt.[2] Die Alternative „Geschwindigkeit oder Gravitationspotential“ erscheint mir nicht ganz logisch, weil nämlich dasselbe „-Glied“ der Gleichungen[3] nicht nur Potentiale sondern auch Potential-Gefälle und damit Geschwindigkeiten (von uns weg) er- zeugt, sodass sich kein stationärer Zustand denken lässt, wenn das -Glied nur un- vollständig durch Materie kompensiert ist. Auch die Massenanhäufung dürfte wohl—wie Sie selbst sagen—kaum an dem Phänomen schuld sein II Der Friedländersche Versuch scheitert an der Kleinheit des zu erwartenden Effektes.[4] Immer noch aussichtsreicher wäre die Untersuchung des Einflusses der Erddrehung auf die Schwingungsebene des Foukaultschen Pendels bezw. Kreisels