6 1 4 D O C U M E N T 4 2 1 M A R C H 1 9 2 9 421. To Adolf von Harnack [Berlin,] 5. März 1929. An den Präsidenten der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissen- schaften, Seiner Exzellenz Herrn Wirkl. Geheimrat v. Harnack Antrag: Errichtung eines Instituts für theoretische Physik als Ausbau des Kaiser Wilhelm-Instituts für Physik. Am 6. Juli 1917 hat der Senat der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft auf Antrag der Herren HABER,[1] NERNST, PLANCK, RUBENS, WARBURG die Begründung eines Kaiser Wilhelm-Instituts für physikalische Forschung beschlossen, das danach am 1. Oktober 1917 unter der Direktion von Albert EINSTEIN in das Leben getreten ist.[2] Das Institut hat sich in den abgelaufenen 12 Jahren im Sinne der Denkschrift betätigt, die seiner Schöpfung zugrunde lag. Es standen ihm dazu anfänglich Mk. 75.000,- zu Gebote, von denen 2/3 von der Kaiser Wilhelm- Geseallschaft und 1/3 von der Koppelstiftung jährlich beigesteuert wurden. Nach- dem in der Inflationszeit die finanziellen Grundlagen zu Grunde gegangen waren, ist in den letzten Jahren eine regelmässige Leistung von Seiten der Kaiser Wilhelm- Gesellschaft dem Institut als wirtschaftliche Unterlage für seine Tätigkeit gewährt worden, die zurzeit Mk. 70.000,- jährlich beträgt. Die Leitung hat in Vertretung von Professor Albert EINSTEIN Professor Max v. LAUE in den letzten Jahren geführt, unterstützt von einem Direktorium, welches aus den Herren HABER, NERNST, PASCHEN, PLANCK, WARBURG besteht. Der ursprüngliche Entwurf sah als Sitz des Instituts ein kleines Gebäude in Dahlem vor, welches die Möglichkeit zu Sitzungen sowie zur Aufbewahrung von Archiv, Bibliothek und einzelnen physi- kalischen Apparaten gewährte. Dieses Gebäude ist bisher nicht errichtet worden. In den verflossenen 12 Jahren hat die Bedeutung eines solchen Kaiser Wilhelm- Instituts sich nicht gemindert, sondern noch wesentlich erhöht. Es hat eine Ent- wicklung der theoretischen Physik stattgefunden, die in der Geschichte des Faches nicht ihresgleichen hat und so mächtig und erfolgreich dasteht, dass wir fast in Ver- legenheit geraten, aus der gesamten Geschichte der Wissenschaft ihresgleichen namhaft zu machen. Es ist nicht zuviel gesagt, dass die theoretische Physik, die seit ihrer Begründung im Bereiche der „exakten“ Naturwissenschaften einen Mittel- punkt abgibt, an welchen alle anderen Gebiete sich anlehnen, im letzten Viertel- jahrhundert das Zentrum geworden ist, von welchem das meiste Licht und die stärksten Anregungen für die Tätigkeit der anderen Gebiete ausstrahlen. Auch ist keine Veränderung dieses Zustandes für absehbare Zeit anzunehmen. Aus diesem Grunde glauben die unterzeichneten Mitglieder des Direktoriums des Kaiser Wilhelm-Instituts für Physik, dass ein Ausbau der Einrichtung im Bedürfnis der