5 6 6 D O C U M E N T 3 8 4 J A N U A R Y 1 9 2 9 damit in der Lage war, Ihnen einen Dienst zu erweisen denn ich mußte annehmen, daß Ihnen die sensationelle Aufmachung der bisherigen Berichte unsympathisch sein mußte, und daß Ihnen an nichts mehr gelegen wäre, als die Oeffentlichkeit vor der Einmischung in eine Angelegenheit zurückzuhalten, die gewiß zunächst nur vor den Kreis der Fachwissenschaftler gehört. Und wirklich: wenn einer berechtigt war, zu einer Angelegenheit der Relativitätstheorie Stellung zu nehmen, die inzwi- schen bereits eine öffentliche Angelegenheit geworden war, so war ich es denn es gibt kaum einen, der sich so um das Verständnis weitester öffentlicher Kreise für die Relativitätstheorie bemüht hat, wie ich.[3] Sie sind nun über meinen Aufsatz verletzt, und wie es nach Ihrem Brief an die Vossische Zeitung erscheint, begründen Sie dies damit, daß ich Ihre Veröffentli- chung vorweggenommen hätte. Denn nicht anders kann ich Ihren Vorwurf verste- hen, daß mein Verhalten der akademischen Sitte zuwiderläuft. Ich muß mich gegen diesen Vorwurf auf das entschiedenste verwahren. Ich habe in dem betr. Aufsatz im wesentlichen nur die wissenschaftliche Vorgeschichte Ihrer Arbeit erzählt, also über längst veröffentlichte Dinge berichtet, und die paar Sätze, die Ihre neue Arbeit betreffen, sind derart allgemein gehalten, daß sie nichts, aber auch wirklich gar- nichts an der Priorität Ihrer Veröffentlichung wegnehmen.[4] Diese Sätze passen ja ebenso gut auf jede frühere Form der allgemeinen Feldtheorie. Es ist mir deshalb unverständlich, wie Sie so etwas sagen können. Der mathematische Teil, von dem Sie uns neulich vorgetragen haben, kam ja schon von Natur aus für eine populäre Darstellung garnicht in Frage. Daß ich Sie aber wegen ein paar derartig allgemein gehaltener Sätze erst hätte um Erlaubnis fragen sollen—dazu ist mir der Gedanke überhaupt nicht gekommen. Ich habe Sie doch auch sonst nie gefragt, wenn ich über die Relativitätstheorie geschrieben habe. Oder sind Sie deshalb verletzt, weil ich nicht mit derselben Wärme für die neue Theorie eingetreten bin, wie ich die alte stets verteidigt habe? Ich kann mir nicht denken, daß Sie mir mein zurückhaltendes Urteil übelnehmen—zumal ich gerade in dem betr. Aufsatz betont habe, daß Ihr Urteil einstweilen das wichtigstes Urteil für dieses Problem bedeutet. Und Sie können mir glauben, daß diese Zurückhal- tung bei mir gerade aus dem Wunsch entsprang, Ihre Arbeit vor der Entstellung durch das Sensationsbedürfnis der Presse zu bewahren. Ich weiß, daß auch die Vos- sische Zeitung meinen Aufsatz so aufgefaßt hat und das Urteil vieler, die meinen Aufsatz jetzt gelesen haben, bestätigt mir meine Auffassung. Aber Sie nennen mein Verhalten taktlos und brauchen dieses Wort sogar dritten gegenüber. Das—Herr Einstein, das habe ich nicht verdient. Ich habe Jahre der Arbeit in die begriffliche Aufklärung der Relativitätstheorie hineingesteckt, ich
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