V O L . 1 0 , D O C U M E N T 1 0 9 a A U G U S T 1 9 2 0 2 7 Vol. 10, 109a. To Leo Winz[1] [Berlin,] 27. VIII. 20 Sehr geehrter Herr! Der Brief, der mich noch nicht offiziell erreicht hat, hat mich sehr ergötzt. Es ist eine Freude, die Lust des Verfassers an seiner eigenen Raffiniertheit nachzuerle- ben. Der „jüdische Glaube“ wie ihn der Verfasser liebevoll herausdestilliert, ist zwar einem kunstvoll gezüchteten Treibhausgewächs vergleichbar, das keinen Windhauch verträgt, aber im übrigen doch sehr honorig aussieht. Es ist auch so eine schwer definierbare pfäffische Süssigkeit darin, während der Anfang mehr nach romanischem Heldenstil aussieht. Um so richtig reuig und zerknirscht zu wer- den, hab ich mich augenscheinlich noch nicht genug drein vertieft—vorläufig spür ich noch nichts davon. Aber Glaubersalz braucht ja auch Zeit zum Wirken sei also geduldig und warte, o Mensch, bis du was spürst! Hingegen hat das Buch von Sammy Gronemann[2] sofort eingeschlagen. Ein gottbegnater Kerl, der so was schreibt. Ich habe noch wenig so Köstliches in der Hand gehabt. Wenn ich eines Morgens zerplatzt in meinem Bett aufgefunden wer- de, so kommt es vom Lachen bei nächtlicher Lektüre. Ich kann mir keinen schöne- ren Tod denken. Eines wirklich liebevollen Immerwieder-Lesers ist der Verfasser sicher. Für mich steht dieses Buch weit über jeder Tendenz, der es äusserlich be- trachtet seine Entstehung verdanken mag. Jedenfalls werde ich Ihnen stets dankbar sein, dass Sie mich damit bekannt gemacht haben. Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr A. Einstein. ALS (EAC Gallery New Hyde Park, N.Y., Spring 2012 Auction, Lot 9). [124 350]. [1]Winz (1876–1952) was a Ukrainian-Jewish journalist, essayist, publisher, folklorist, cultural Zionist, and editor of the journal Ost und West in Berlin. [2]Gronemann (1875–1952) was a German-Jewish writer, humorist, lawyer, and Zionist in Berlin. In his first novel, Gronemann 1920, he presented a broad and often satirical portrayal of contemporary German Jewry.
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