6 4 6 D O C U M E N T 4 2 1 N O V E M B E R 1 9 2 6 421. To Arnold Sommerfeld [Berlin,] 28. XI. 26. Lieber Sommerfeld! Mein besseres Ich hat gegen den Faulpelz in mir einen verzweifelten Kampf ge- kämpft. Da aber das bessere Ich klüger und—schwächer ist, hat es nachgegeben, sodass ich nun nicht den Dampf für den Vortrag in München aufbringen kann.[1] Wie nachhaltig der genannte Kampf war, das sehen Sie an seiner Dauer. Die Erfolge von Schrödingers Theorie machen grossen Eindruck,[2] und doch weiss ich nicht, ob es sich um mehr handelt als bei der alten Quantenregel, d. h. um etwas was einer Seite des wirklichen Geschehens ¢gerecht wird² entspricht. Ist man der Lösung des Rätsels wirklich näher gekommen? Ich sende Ihnen eine kleine Ar- beit, welche eigentlich nichts anderes ist als eine hübsche Grabstätte einer früheren Hoffnung.[3] Das Buch von Eddington[4] ist wirklich ausserordentlich geistvoll. Aber die Ten- denz, die Naturgesetze nur als Ordnungsschemata zur Scheidung der darunter fal- lenden und der nicht darunter fallenden Fälle aufzufassen, kann ich doch nicht billigen. Auch ist zu beanstanden, dass er die Relativitätstheorie doch zu sehr als logisch notwendig darstellt. Gott hätte sich auch dazu entschliessen können, statt des relativistischen Aethers einen absolut ruhenden zu schaffen. Dies gilt beson- ders dann, wenn er den Aether in de Sitterscher (wesentlicher) Unabhängigkeit von der Materie eingerichtet haben sollte, zu welchem Glauben Eddington doch neigt [5] da kommen doch dem Aether ebenfalls eine „absolute“ Funktion zu. Es ist merkwürdig, dass in den meisten Köpfen für die Wertung dieses Sachverhaltes kein Organ ist. Es grüsst Sie bestens Ihr A. Einstein ALSX. [21 356]. [1]Hermann Anschütz-Kaempfe had suggested to Sommerfeld that Einstein’s declination of the invitation to lecture in Munich might not be final (see Doc. 398). [2]Erwin Schrödinger’s wave mechanics. [3]Einstein 1926v (Doc. 278), published a week earlier. [4]Eddington 1920, which Sommerfeld had recently read (see Doc. 398). [5]See Eddington 1920, pp. 39–40. Willem de Sitter’s cosmological model describes a universe without mass. See also the dispute between De Sitter and Einstein on De Sitter’s model in Vol. 8.
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