D O C U M E N T 4 2 2 N O V E M B E R 1 9 2 6 6 4 7 422. From Max Born Göttingen, 30. 11. 26. Lieber Einstein, Meine Frau hat mir erzählt, daß Du anscheinend an ihrem Stück Spaß gehabt hast, als sie Dir den ersten Akt vorlas.[1] Sie hat jetzt das Ganze umgearbeitet und verbessert ich glaube, daß es in der Tat besser geworden ist. Nun kommt das Pro- blem, zu versuchen es zur Aufführung an einem anständigen Theater zu bringen. Es wäre für Hedis Seele sehr vorteilhaft, wenn das gelänge. Sie hat es schon schwer genug ohne Vernachlässigung ihrer Pflichten als Gattin, Hausfrau und Mutter ihren literarischen Neigungen zu leben ich selber komme mir oft wie ein unfreiwilliger Gefangenen-Wärter vor, weil ich nicht im stande bin sie so zu entlasten, daß sie ih- rem produktiven Triebe frei folgen kann. Sie muss ihre Arbeitszeit mühsam er- kämpfen und ich bewundere ihre Energie, mit der sie das durchführt, ohne ihre an- dern Pflichten zu vernachlässigen. Darum wünsche ich sehr, sie möge die Freude erleben ihr Opus vor der Öffentlichkeit die Probe bestehen zu sehen. Sollte es Er- folg haben, so würde ihre Produktivität gewaltig angeregt werden, und mir scheint, daß das lohnt. Denn nachdem ich in letzter Zeit eine Menge Stücke, wie sie heute aufgeführt werden, gelesen und gesehen habe, muss ich sagen, daß keines davon ein höheres Niveau hat als Hedis. Natürlich kann ich die Bühnen wirksamkeit nicht beurteilen aber das kann wohl nicht einmal ein Dramaturg mit Sicherheit prophe- zeien. Von den Wegen zum Theater, die uns zugänglich sind, scheint mir aber keiner so aussichtsreich, als der durch Deinen Schwiegersohn,[2] der Dir zu Gefallen das Manuskript sicherlich bald lesen und beurteilen wird. Überhaupt habe ich von Dei- nem Einfluss auf geistige Kreise in Berlin einem so großen Begriff, daß ich glaube durch Deine Empfehlung fände ein Stück ohne weiteres den Weg zur Bühne. Hedi wird Dir die neue Fassung des Stückes bald schicken, und wenn Du es verantwor- ten kannst, so lass, bitte ich Dich, all Deine Minen springen, um es anzubringen. Ich schäme mich eigentlich, Dich mit so etwas zu bemühen aber ich tröste mich damit, daß Du es nicht nur aus Freundschaft zu mir, andern aus Freundschaft zu der kleinen, klugen Frau selber tun wirst. Von mir ist zu berichten, daß ich physikalisch ganz zufrieden bin, da sich mein Gedanke, das Schrödingersche Wellenfeld als „Gespenster-Feld“ in Deinem Sinne
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