750 D OC . 478 E A R T H S M O T I O N A ND L I G H T V E L O C I T Y 36 Forschungen und Fortschritte [1] [2] [3] schrift aus der Mitte des 15. Jahrhunderts überliefert, läßt sich zeigen, daß er nicht bloß dem Chronisten Dietrich Engelhus aus Einbeck (†1434), sondern schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts einem west- deutschen Geschichtsschreiber vorgelegen hat. Aus ver- schiedenen Stellen ergibt sich weiterhin für mich wenigstens klar und deutlich nahe Verwandtschaft mit der zuerst durch M. H a u p t veröffentlichten mittel- lateinischen Ernstprosa und mit dem mittellateinischen Ernslepos Odos von Magdeburg. Jedoch ist er nicht etwa ein Abkömmling von diesem oder von jenem schon gedruckten und untersuchten Werke. Vielmehr nimmt er eine selbständige und bedeutungsvolle Stellung ein. Dasselbe behaupte ich auch im Hinblick auf die verschie- denen Fassungen in deutscher Sprache, zumal mit Rück- sicht auf die mittelhochdeutschen Ernstepen. Ich meine beweisen zu können, daß die Gesta keine Uebersetzung aus dem Deutschen sind, und muß bitten, mit den naheliegenden Zweifeln bis nach Lektüre meiner Abhandlung zu warten, da ich in diesem von der Schriftleitung erbetenen Vorbericht die einzelnen Be- weisgründe nicht vorbringen kann. Auch die zumeist angenommene Gelehrtenmeinung, daß die beiden an- deren lateinischen Texte, Odos Gedicht und die von Haupt bekanntgegebene Prosaerzählung, auf eine Vor- lage in deutscher Sprache zurückgingen, muß ich in diesem Zusammenhange erschüttern. Der Erfurtensis bildet mit jenen zusammen einen lateinischen Zweig der Ernstüberlieferung und weist auf eine verschollene ältere lateinische Fassung zurück. Nach Erscheinen meiner Untersuchung wird es vornehmlich Sache der Germanisten sein, die Sachlage zu prüfen und entweder mich oder die bisherige Auffassung von der Priorität der deutschen Erzählung zu berichtigen. Neue Experimente über den Einfluß der Erd- bewegung auf die Lichtgeschwindigkeit relativ zur Erde. Von Prof. Dr. A. Einstein-Berlin. Es ist wohlbekannt, daß das Ergebnis des Interferenz- Experiments von Michelson bezw. Michelson und Mor- ley, einen besonders kräftigen Impuls zur Entstehung der Relativitätstheorie gegeben hat. Denn das negative Ergebnis dieses Experiments hat zu der Ueberzeugung geführt, daß die Lichtausbreitung im leeren Raume ge- genüber einem Inertialsystem mit einer konstanten Ge- schwindigkeit erfolge, die von dem Geschwindigkeits- zustande jenes Inertialsystems unabhängig sei. Genau genommen liefert das Experiment etwas weniger, näm- lich die Aussage, daß die Zeit, welche das Licht braucht, um längs eines starren, relativ zur Erde ruhenden Sta- bes hin und her zu gelangen, von der räumlichen Orien- tierung des letzteren unabhängig sei. Mit diesem Er- gebnis steht und fällt die Relativitätstheorie in ihrer gegenwärtigen Fassung. Es war deshalb ein für die Theoretiker recht aufregendes Ereignis, als Herr Dayton Miller, Professor in Cleveland, auf Grund langjähriger, sorgfältiger Versuche, deren wichtigste auf Mount Wil- son angestellt waren, zu einem abweichenden Ergebnis elangte.g Miller fand nämlich, daß jene Zeit für den Hin- und Rückweg des Lichtes von der räumlichen Orientierung des Weges gegen den Fixstern-Himmel abhänge. Seine Versuchsanordnung war dabei an sich eine genauere als die von Michelson und Morley, indem die verglichenen Lichtwege etwa 60 m lang waren. Herr Miller hatte sich zur Erklärung seiner Versuchsergebnisse die schon vor der Aufstellung der Relativitätstheorie in Betracht ge- zogene Meinung gebildet, daß der Lichtäther zwar von der Erde bei deren Translationsbewegung mitgenommen werde, aber in mit der Höhe über dem Meeresspiegel abnehmendem Grade. Hierdurch sollte ein positives Er- gebnis der an Orten größerer Meereshöhe ausgeführten Versuche erklärt werden. In den letzten Monaten wurden von zwei Seiten un- abhängig und mit verschiedener Apparatur die Ver- suche wiederholt, und zwar durch Herrn R. J. Ken- nedy vom California Institute of Technology sowie durch die Herren A. Piccard und E. Stahel in Brüssel. Schon vorher war es den Physikern klar geworden, daß die schwächste Seite von Millers Versuchen darin lag, daß bei der erheblichen Größe seiner Apparatur keine genügende Konstanz der Temperatur der von den interferierenden Lichtstrahlen durchsetzten Luft zu er- zielen war lokale systematische Temperaturdifferenzen von einigen Hundertstel Grad konnten den beobachteten positiven Effekt vortäuschen. Sowohl Kennedy als Piccard vermieden diesen Uebelstand, indem sie erheb- lich kleinere Apparate verwendeten als Miller, die er- forderliche Genauigkeit durch Verbesserung der opti- schen Einrichtungen erzielten, wobei sie durch besondere Mittel die Temperaturkonstanz herbeiführten. Herr Kennedy arbeitete mit einem Lichtwege von kaum 5 m. Die optischen Wege waren in einem dichten Metallgehäuse angeordnet, das mit Helium von Atmo- sphärendruck gefüllt war. Das Resultat der Versuche war durchaus negativ mit solcher Genauigkeit, daß die Existenz eines viermal kleineren Effektes als des von Miller gefundenen ausgeschlossen werden konnte. Während Herr Dr. Kennedy’s Versuche im Labora- torium ausgeführt waren, führten Piccard und Stahel erfolgreich den kühnen Plan aus, die so außerordent- lich subtilen Versuche im Freiballon zu machen. Der großen Schwierigkeit, mit relativ geringem Apparatge- wicht und kleinem Raum auszukommen, stand der Vor- teil gegenüber, daß eine Drehung des Apparates da- durch herbeigeführt werden konnte, daß man den gan- zen Ballon mittels zweier kleiner Ventilatoren in lang- samer Drehung erhielt. Das Wichtigste aber war, daß man den Versuch in verschiedenen Höhen ausführen und so die behauptete Abhängigkeit von der Höhe prü- fen konnte. Leider war die Temperaturkonstanz im Apparate, welche sich erreichen ließ, nicht groß genug, um die Existenz eines positiven Effektes von der von Herrn Miller behaupteten Größenordnung mit Sicher- heit auszuschließen. Aber es zeigte sich, daß die be- obachteten Effekte nicht mit der Höhe zunahmen, wie es nach Millers Ergebnissen zu erwarten gewesen wäre. Zweifellos war es verdienstvoll von Prof. Miller, daß er durch seine Versuche eine sorgfältige Nachprüfung von Michelsons wichtigem Experiment anbahnte. Sein Ergebnis muß aber als durch Kennedy’s und Piccard's Versuche widerlegt gelten. Die Reindarstellung des Rheniums1). Von Regierungsrat Dr. Walter Noddack und Dr. Ida N oddack-Berlin. Vor etwa Jahresfrist wurde an dieser Stelle kurz über die Auffindung der beiden Manganhomologen mit den Ordnungszahlen 43 und 75 berichtet, für die die Namen Masurium (43) und Rhenium (75) in Vorschlag gebracht wurden2). Seit dieser Zeit hat in der Fach- literatur ein heftiger Streit um diese Entdeckung eingesetzt, indem einige Forscher (etwa 1/2 Jahr nach unserer ersten Veröffentlichung) angaben, sie hätten die beiden Elemente oder wenigstens das eine, das Rhe- nium, in Manganmineralien aufgefunden, andere wie- der waren bei der Nachprüfung unserer Ergebnisse zu negativen Resultaten gekommen. Dieser Streit dürfte jetzt entschieden sein, da es uns gelungen ist, das Rhenium in allerdings noch kleiner Menge (2 mg) rein darzustellen und seine chemischen 1) Referat eines Vortrages, gehalten von W. Noddack in der Deutschen Chemischen Gesellschaft am 17. 1. 1927. Der Vortrag erscheint demnächst in der Ztschr. f. physik. Chemie. 2) Sitzungsberichte der Preuß. Akademie XIX, S. 400, 1925. W. Noddack, I. Tacke und O. Berg: Zwei neue Elemente der Mangangruppe. (Vorgelegt von W. Nernst.) [4] [5]
Previous Page Next Page