280 DOC. 154 F O R M A T I O N OF M E A N D E R S 224 E i n s t e i n : Die Ursache der Mäanderbildung der Flußläufe. Die Natur- wissenschaften verteilten beschleunigenden Kraftimpulses plötz- lich in Bewegung gesetzt, so würde die Verteilung der Geschwindigkeit über den Querdurchschnitt zunächst eine gleichmäßige sein. Erst allmählich würde sich durch den Einfluß der Wandreibung eine Geschwindigkeitsverteilung hersteilen, bei welcher die Geschwindigkeit von den Wandungen aus nach dem Innern des Strömungsquerschnittes hin allmählich zunimmt. Eine Störung dieser (im groben Mittel) stationären Geschwindigkeitsver- teilung über den Querschnitt würde sich (unter dem Einfluß der Flüssigkeitsreibung) nur langsam wieder ausgleichen. Die Hydrodynamik veran- schaulicht den Vorgang der Einstellung jener Fig. 2. stationären Geschwindigkeitsverteilung in folgen- der Weise. Bei gleichmäßiger Strömungsverteilung (Potential-Strömung) sind alle Wirbelfäden an der Wandung konzentriert. Sie lösen sich los und bewegen sich langsam gegen das Innere des Flüssigkeitsquerschnittes vor, indem sie sich auf eine Schicht wachsender Dicke verteilen. Dabei nimmt das Geschwindigkeitsgefälle an der Wan- dung langsam ab. Unter der Wirkung der inneren Reibung der Flüssigkeit werden die Wirbelfäden im Innern des Flüssigkeitsquerschnittes langsam aufgezehrt und durch solche ersetzt, welche sich an der Wand neu bilden. So entsteht eine quasista- tionäre Geschwindigkeitsverteilung. Wesentlich für uns ist es, daß der Ausgleich der Geschwindig- keitsverteilung zur stationären Geschwindigkeits- verteilung hin ein langsamer Prozeß ist. Hierauf beruht es, daß bereits relativ geringfügige, stetig wirkende Ursachen die Verteilung der Geschwin- digkeit über den Querschnitt erheblich zu beein- flussen vermögen. Nun überlegen wir, was für einen Einfluß die durch eine Flußbiegung oder durch die Coriolis- kraft bewirkte, in Fig. 2 dargestellte Zirkulations- bewegung, auf die Geschwindigkeitsverteilung über den Flußquerschnitt haben muß. Die am rasche- sten bewegten Flüssigkeitsteilchen werden am weitesten von den Wandungen entfernt sein, also sich im oberen Teile über der Bodenmitte befinden. Diese raschesten Teile der Flüssigkeit werden durch die Zirkulation zur rechten Seiten- wandung getrieben, während umgekehrt die linke Seitenwandung Wasser erhält, welches aus der Gegend nahe dem Boden stammt und eine beson- ders kleine Geschwindigkeit hat. Deshalb muß auf der rechten Seite (im Falle der Fig. 2) die Ero- sion stärker sein als auf der linken Seite. Man be- achte, daß diese Erklärung wesentlich darauf be- ruht, daß die langsame Zirkulationsbewegung des Wassers darum einen erheblichen Einfluß auf die Ge- schwindigkeitsverteilung hat, weil auch der dieser Folge der Zirkulationsbewegung entgegenwirkende Ausgleichsvorgang der Geschwindigkeiten durch innere Reibung ein langsamer Vorgang ist. Damit haben wir die Ursache der Mäander- bildung aufgeklärt. Aber auch gewisse Einzel- heiten lassen sich ohne Mühe folgern. Die Ero- sion wird nicht nur an der rechten Seitenwand, sondern auch noch auf dem rechten Teil des Bo- dens verhältnismäßig groß sein müssen, so daß die Neigung bestehen wird, ein Profil von der in Fig. 3 angegebenen Gestalt zu bilden. Ferner wird das Wasser an die Oberfläche von der linken Seitenwand gelie- fert werden, also (besonders auf der linken Seite) an der Oberfläche weniger rasch be- wegt sein als das Wasser in etwas größerer Tiefe dies hat man tatsächlich be- obachtet. Ferner ist zu beachten, daß die Zirku- lationsbewegung Trägheit besitzt. Die Zirkulation wird also erst hinter der Stelle der größten Bie- gung ihren maximalen Betrag erlangen, ebenso natürlich die Asymmetrie der Erosion. Dadurch wird im Verlaufe der Erosionsbildung ein Vor- schreiten der Wellenlinien der Mäanderbildung im Sinne der Strömung stattfinden müssen. Endlich wird die Zirkulationsbewegung desto langsamer durch Reibung aufgezehrt werden, je größer der Flußquerschnitt ist es wird also die Wellenlänge der Mäanderbildung mit dem Flußquerschnitt wachsen. Fig. 3. Herausgeber und verantwortlicher Schriftleiter: Dr.-I ng. e. b. DR. ARNOLD BERLINER, Berlin W 9. Verlag von Julius Springer in Berlin W 9. — Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig.