4 5 6 D O C U M E N T 2 7 4 M A Y 1 9 2 6 Den Autor ruft eine kleine Zahl, Und wie die Vorhangshälften weichen, Kommt Sophokles,—nein: Hofmannsthal Und lächelt höflich über Leichen.—[9] Was die Sommerferien anbelangt, scheint mir ziemlich wesentlich zu sein, ob ich mit Dir nach Genf kommen kann.[10] Denn in diesem Falle könnten wir ja von Genf aus irgendwohin gehen. Zum Beispiel gibt es dort in der Nähe Gebiete wie den Genfersee, das Wallis und das Berner Oberland, die ich alle nur [vo]m Hören- sagen kenne. Meine Ferien beginnen am 10. Juli. Es kommt mir eben in den Sinn daß vor diesem Datum noch 10 Wochen Schule liegen. Das ist eine lange Zeit. Das ist eine sehr lange Zeit. Vielleicht überlebe ich sie, vielleicht gehe ich an chroni- scher Langeweile zu Grunde. An Überarbeitung jedenfalls nicht. Man sollte die Schulzeit nur in kleinen Dosen, mit größeren Ruhepausen dazwischen, servieren. Das wäre die einzige Möglichkeit, sie genießbar zu machen. Der Gedanke an die durch Schule vertrödelte Zeit wäre unerträglich, wenn man nicht wüßte, daß man die Freizeit ebenso wenig ausnützt. Dabei gehe ich nicht besonders ungern in die Schule. Ich fühle keinen Haß gegen sie. Es ist lächerlich, die Schule zu hassen. Nur Idioten tun das. Der Weise lächelt über sie. Sie ist ihm eine komische Mißgeburt. Er würde sogar eine gewisse Zuneigung zu ihr empfinden, wenn er nicht in so nahe Berührung mit ihr käme. Im übrigen muß das Leben irgend wie ausgefüllt werden. Dazu ist die Schule gut geeignet. Sie verschluckt Äonen von Zeit. Viele Grüße von Deinem Teddy P.S. Hier schicke ich Dir noch einige ausgeprägt pessimistische Gedichte.[11] ALS. [144 479]. There are perforations for a loose-leaf binder at the left margin of the document. [1]Year determined by this document being a reply to Doc. 257. [2]Doc. 257. [3]Mileva Einstein-Mariü, whose family lived in Novi Sad, Yugoslavia. [4]Einstein had stated that reading Eduard’s letter made him feel like a hen who had hatched a duck’s egg (see Doc. 257). [5]Eduard was attending the fourth year of the Gymnasium of the Kantonsschule in Zurich. [6]See Doc. 257. [7]From the couplet “Mitwelt” in “Der Zustand,” the first part of the poem cycle Caprichos. Stro- phen des Nebenstroms, originally published in 1926. The lines read: “Ringsum sieht man was Ver- schwomm’nes/Bellum omnium contra omnes” (Latin for “War of all against all”). See Kerr 1991, pp. 89 and 380–381. [8]Latin for “dare to know.” The motto appeared under the title “Wahlspruch” in the introduction to Kerr 1917, p. v, the first series of which was titled “Die Welt im Drama.” [9]The last verse of his poem “Elektra-Nachklang,” originally published in 1903 (see Kerr 1991, pp. 183 and 385). [10]As Einstein had suggested in Doc. 257. [11]The three poems [144 479.1], which were titled “Trost” (“Solace”), “Aufzeichungen während einer Schulstunde” (“Notes during a School Lesson”), and “Frühlings Erwachen” (“Spring Awakening”), have been omitted.
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