2 6 4 D O C . 1 4 7 S P A C E A N D T I M E Zeit. Der physikalische Zeitbegriff entspricht dem Zeitbegriff des ausserwissen- schaftlichen Denkens. Dieser letztere aber hat seine Wurzel in der zeitlichen Ord- nung der Erlebnisse des Individuums, welche Ordnung wir als etwas primär Gegebenes hinnehmen müssen. Ich erlebe das „Jetzt“, oder genauer gesagt, das jetzige Sinnen-Erlebnis, ver- bunden mit Erinnerung an (frühere) Sinnenerlebnisse. Hierauf beruht es, dass die vergangenen Sinnen Erlebnisse eine Reihe zu bilden scheinen, die zeitliche des „früher und später“. Die Erlebnisreihe wird als eindimensionales Kontinuum gedacht. Erlebnisreihen können sich wiederholen, wobei sie als gleich wiederer- kannt werden. Sie können sich auch ungenau wiederholen, wobei einige Erleb- nisse durch andere ersetzt sind, ohne dass der Charakter der Wiederholung für uns verloren geht. So bilden wir den Zeitbegriff als einen eindimensionalen Rahmen, der noch verschieden durch Erlebnisse ausgefüllt werden kann. Gleichen Erleb- nisreihen entsprechen gleiche subjektive Zeitintervalle. Der Übergang von dieser „Ich-Zeit“ zum vorwissenschaftlichen Zeitbegriff ist an die Bildung der Idee einer realen, vom Subjekt unabhängigen Aussenwelt gebunden. In diesem Sinne wird dem (subjektiven) Erlebnis das (objektive) Ereig- nis zugeordnet, in demselben Sinne der „Ich-Zeit“ des Erlebnisses eine „Zeit“ des entsprechenden Ereignisses. Im Gegensatz zu den Erlebnissen beanspruchen die Ereignisse und deren zeitliche Ordnung Geltung für alle Subjekte.[19] Die Bildung dieser Objektivierung würde keinerlei Schwierigkeiten begegnen, wenn die zeitliche Ordnung der Erlebnisse, welche einer Ereignisreihe entspre- chen, für alle Individuen dieselbe wäre. Bei unmittelbaren Gesichtswahrnehmun- gen besteht in der alltäglichen Erfahrung diese Übereinstimmung vollständig. Dadurch musste sich der Begriff einer objektiven Zeitordnung ausserordentlich festigen. bei der feineren Ausgestaltung der Idee einer objektiven Ereigniswelt war es nötig, die Auffassung von der Abhängigkeit der Ereignisse und Erlebnisse voneinander komplizierter zu gestalten, zunächst vermittelst instinktiv gewonne- ner Regeln und Denkweisen, bei welchen insbesondere der Raum-Begriff eine wichtige Rolle spielt. Dieser Verfeinerungsprozess führt letztes Endes zur Natur- wissenschaft. Zur Messung der Zeit dient die Uhr. Es ist dies ein Ding, welches in automati- scher Folge (praktisch) gleiche Ereignisreihen (Perioden) durchläuft.[20] Als Zeit- mass dient die Zeit der abgelaufenen Perioden (Uhrzeit). Die Zeit eines Ereignisses ist die mit ihm gleichzeitige Uhrzeit. Dieser Definition kommt ein unmittelbarer Sinn zu, wenn das Ereignis der Uhr räumlich unmittelbar benach-
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